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Schleichwerbung erlaubt?

Gefälligkeitsartikel“ in Printmedien

Foto: mitria © 123RF.com

„Gefälligkeitsartikel“ in Printmedien müssen nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Das wurde in einem Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) bestätigt. Das Gericht begründet dies damit, „dass die Erfahrung zeigt, dass Leser zumeist davon ausgehen, dass redaktionelle Beiträge in periodischen Medien nicht neutral sind.“

Seit Jahren beobachten Medienexperten eine intensive Zunahme von „alternativen Werbeformen“, insbesondere der „redaktionellen Werbung“, auch „Schleichwerbung“ genannt (vgl. Berger 2000, Haase 2007, Lamm-Dreier 2005, Unger 1993 und Raninger 1995). Als Ursache gilt die Übersättigung bzw. Reizüberflutung des Publikums mit traditioneller Werbung, weshalb Werbeunternehmen nach neuen Formen der Aufmerksamkeitsgenerierung suchen (vgl. Siegert/Brecheis 2005: 248 sowie Fassihi 2008: 139f.). Bisher gab es für Medien die Vorgabe der strikten Trennung von Redaktion (also alle redaktionellen Inhalte, unabhängig von der konkreten Darstellungsform) und Werbung. Im österreichischen Mediengesetz wird die Abgrenzung durch die Kennzeichnungspflicht entgeltlicher Veröffentlichungen gefordert.

Als Werbung gilt, wofür ein Entgelt geleistet wurde
Auch wenn „unter Entgelt […] jede einer Bewertung in Geld zugängliche […] Gegenleistung zu verstehen […] ist“, könne dies jedoch durchaus infrage gestellt werden. So liege zwar im Falle von Kompensationsgeschäften eine Entgeltlichkeit vor, ebenso gelten Druckkostenbeiträge als eine entsprechende Gegenleistung. Im Falle von indirekten oder verschleierten Zuwendungen sei die Zuordnung nicht mehr eindeutig möglich (Horninger 2008: 90). Dies scheint auch der Hintergrund des überraschenden OGH-Spruches zu sein. Dr. Hans Peter Lehofer, ehemaliger Leiter der KommAustria und seit 2003 Richter am Verwaltungsgerichtshof, erläuterte das Urteil (Aktenzahl 4Ob60/16a) wie folgt: „Gekaufte Beiträge müssen als Anzeige gekennzeichnet sein.“ Dies gelte auch für Beiträge, die mit einem Inserat „mitgekauft“ würden. Hingegen bestehe kein Kennzeichnungsgebot „für unentgeltliche Werbung in redaktionellen Beiträgen periodischer Medien“.

„Werbliche Beiträge müssen nicht als Anzeige gekennzeichnet werden, wenn sie unentgeltlich erbracht werden.“

Konkret heißt das: Werbliche Beiträge müssen nicht als Anzeige gekennzeichnet werden, wenn sie unentgeltlich erbracht werden. Dies gelte auch, wenn der Beitrag aus Gefälligkeit Äußerungen kommerziellen Charakters mit „werblichem Überschuss“ enthalte. Offensichtlich ist für das Gericht also der Nachweis entscheidend. Sprich: Wenn Geldflüsse oder Gegengeschäfte nicht festgestellt werden können, so ist im Gerichtsverfahren eben auch nicht von entgeltlicher (also nicht gekennzeichneter) Werbung auszugehen. Der PR-Ethik-Rat spricht von einer „Legitimierung einer unethischen Praxis“ und kritisiert, dass dieses Urteil der PR keinen guten Dienst erwiesen habe. „Das Urteil öffnet Tür und Tor für Koppelungsgeschäfte und damit für die Täuschung von Lesern.“ Das Vertrauen in die Medien habe einen Tiefpunkt erreicht. Deshalb sei unabhängiger Journalismus das Gebot der Stunde. Andererseits hat der PR-Ethik-Rat bereits 2011 eine Studie über Schleichwerbung in Österreich veröffentlicht, bei der 550 Beiträge gesichtet wurden. 325 davon wurden kritisch im Sinne der Fragestellung bewertet.

Kommerzielle Kommunikation vs. redaktioneller Inhalt
Tatsache ist, dass die aktuellen Entwicklungen (Stichwort „Content-Marketing“, „Native Advertising“ oder „Branded Entertainment“), aber auch das immer noch im Wachsen begriffene „Influencer-Marketing“ durch Blogger, YouTuber, Instagrammer usw. längst die bisherige Trennung von Redaktionellem und Werblichem teilweise ad absurdum führen. Als Berater für Content-Marketing rate ich meinen Kunden dennoch: Bleiben Sie legitim und transparent, alles andere wird sich früher oder später rächen. Egal welche Kommunikationsform: Der Verbraucher sollte immer klar erkennen können, wer hinter einer Aktion bzw. einer Kampagne steht. Letztlich gilt die Einschätzung von Jean-Remy von Matt, dass „Langeweile in der Werbung tödlicher denn je ist“. Alles, was nicht schon nach Sekunden fasziniert oder interessiert, bestrafe der moderne Konsument.

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