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Gütesiegel: Wie kreativ dürfen sie sein?

Unlautere Geschäftspraktiken unterlassen

Foto: iStock.com/MicroStockHub, DNY59, 1001gece, Aquir

Die Covid-19 Pandemie hat uns gezeigt, dass nicht nur der Virus selbst gefährlich ist, sondern auch die Nutzung der Bezeichnung „Made in Austria“, allenfalls in Kombination mit der Farbkombination „Rot-Weiß-Rot“, juristisch und medial gefährlich sein kann. Ab wann darf ein Qualitätssiegel bzw. die Herkunftsangabe tatsächlich genutzt werden und wo beginnt der kreative Graubereich?

Untersuchungen belegen, dass Konsumenten durchaus bereit sind mehr zu bezahlen, sobald das Produkt mit einem Gütesiegel oder einer Herkunftsangabe (Made in Austria) versehen ist. Fest steht, dass unrichtige Herkunftsangaben bei Produkten – unter anderem „Made in Austria“ – dazu geeignet sind, Verbraucher (bzw. Zielgruppen) im Geschäftsverkehr zu täuschen. Der Gesetzgeber will natürlich verhindern, dass kreative Köpfe täuschende unlautere Geschäftspraktiken bzw. sonstige unlautere Handlungen anwenden, um die Konsumenten – gemessen am angesprochenen Verbraucherleitbild – über die Herkunft bzw. die Qualität eines Produktes hinters Licht zu führen.

Wesentlich ist, dass der Hinweis auf eine geografische Herkunft nicht einmal zwingend erfolgen muss. Auch mittelbare Herkunftsangaben, die automatisch zu einer bestimmten geografischen Assoziation führen (die rot-weiß-rote Fahne, eine Skizze mit Umrissen Österreichs, Wappen, berühmte Bauten etc.), können bereits unlauter sein. In Österreich gibt es keine gesetzliche Norm, die besagt, dass ein tatsächlich in Österreich hergestelltes Produkt mit der Angabe „Made in Austria“ zu versehen ist. Die Produzenten machen das freiwillig, um dadurch auf das Herstellungsland bzw. indirekt auf die Qualität des Produkts hinzuweisen.

Ein Unternehmer soll unlautere Geschäftspraktiken unterlassen.

Wann geht „Made in Austria“?
Die Herkunftsangabe „Made in Austria“ kann grundsätzlich frei verwendet werden, solange die Herkunftsangabe nicht irreführend bzw. täuschend ist. Wie zuvor bereits angedeutet, hat der österreichische Gesetzgeber mit dem UWG – also dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – den Schutz des lauteren bzw. fairen Wettbewerbs im Auge. Gemäß § 2 UWG dürfen keine irreführenden Geschäftspraktiken eingesetzt werden.

Irreführung
Eine Geschäftspraktik ist primär dann irreführend, wenn diese entweder unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Kunden über ein Produkt oder einen Bestandteil derart zu täuschen, dass dieser einen Erwerb durchführt, den er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht vorgenommen hätte. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 UWG liegt die Irreführung dann vor, wenn der Hersteller bzw. Veräußerer schlichtweg unrichtige Angaben über die wesentlichen Merkmale des Produkts macht, unter anderem irreführende Angaben über die geografische Herkunft.

Damit der Hersteller des Produkts nicht in die Falle der falschen Ortsangabe tappt, kann er eine Täuschung durch deutliche Informationen über die Herkunft der Bestandteile „entlokalisieren“. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn in einem grundsätzlich in Österreich endgefertigten Produkt diverse ausländische Teile verarbeitet wurden, sollte dies deutlich aufgezeigt werden, sodass es zu keiner Täuschung des Kunden kommt. Hier hat die Judikatur einen strengen Maßstab an die Deutlichkeit und Unübersehbarkeit der „entlokalisierenden“ Angaben geknüpft, damit es eben nicht zur unlauteren Kundentäuschung kommt.

Um die Ausführungen deutlicher darzustellen, werden die bisherigen Leitentscheidungen des Obersten Gerichtshofs (OGH), insbesondere zum Thema des „Durchschnittsverbrauchers“ – an diesem wird die Täuschungsfähigkeit gemessen –, nachfolgend kurz beleuchtet.

Forellenfilets aus Italien
2015 hat sich der OGH mit einem Fall von „in Österreich über feinem Buchenholz geräucherten Forellenfilets“ auseinandergesetzt. Der Produzent hat bei der Produktverpackung den Hinweis angeführt, dass es sich um Forellenfilets handelt, die in Österreich über Buchenholz geräuchert werden und, dass diese von einem österreichischen Familienbetrieb verkauft werden. Dass es sich um Forellenfilets aus italienischer Aquakultur handelt, fand sich nicht als Hinweis. Der OGH sprach aus, dass es für die Relevanz der Irreführung ausreicht, dass ein nicht unerheblicher Teil der Abnehmer bei der Auswahl der Produkte durch die regionale Anpreisung beeinflusst werden kann. Ob im Einzelfall tatsächlich eine Irreführung vorliegt, ist irrelevant, die bloße Gefahr einer Täuschung genügt (OGH 4 Ob 121/15w – Forellenfilet geräuchert).

Kreativität im Graubereich?

Rindfleisch aus der Region
Ein regionales Unternehmen hat 2008 den Verkauf von „Rindfleischprodukten, die ausschließlich, überwiegend oder größtenteils von Regionalproduzenten stammen“, angepriesen. Grundsätzlich ist es so, dass ein Kläger, der behauptet, die Angaben eines Unternehmens über die Herkunft von Produkten wären unrichtig, die Beweislast dafür hat, dass die Angaben des „gegnerischen“ Unternehmens tatsächlich unrichtig sind. 2008 hat der OGH dem Unternehmen die Beweislast dafür auferlegt, dass es die Angaben zur Herkunft – also dass diese tatsächlich „ausschließlich“, „überwiegend“ oder „größtenteils“ von Regionalproduzenten stammen – tatsächlich untermauern können muss. Dies mit der Begründung, dass der Unternehmer über seine unternehmerische Tätigkeit Bescheid wissen muss und der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten darüber hat, wobei es dem Unternehmer leicht möglich ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, sodass er die Behauptung beweisen können muss (OGH 4 Ob 182/15s).

Klaviere als Eigenmarke
Ebenso im Jahr 2008 ist eine Entscheidung des OGH ergangen, in der sich dieser mit der Produktion von Klavieren auseinandergesetzt hat. Ein österreichisches Unternehmen hat die Klaviere als Eigenmarke angepriesen, wobei es sich um eine Auftragsfertigung eines chinesischen Unternehmens gehandelt hat. Diesbezüglich hat der OGH ausgesprochen, dass einem Durchschnittsverbraucher das Prinzip der Arbeitsteilung durchaus bekannt ist und daher die Behauptung eines österreichischen Unternehmens über die Eigenherstellung eines Produktes als Ankündigung von besonderer Qualität versteht. Der Durchschnittsverbraucher geht daher bei der Behauptung „Eigenherstellung“ des Produkts davon aus, dass ein Großteil der Produktionsschritte, die für die Qualität des Produkts maßgebend sind, in Österreich erfolgt. Also in dem Fall, dass neben der Planung und Materialauswahl zweifellos der für den Klang entscheidende Zusammenbau der einzelnen Teile des Klaviers in Österreich erfolgt (OGH 4 Ob 42/08t).

Kreativität im Graubereich?
Grundsätzlich ist es so, dass ein Unternehmer bei Verletzung der unlauteren Geschäftspraktiken von Mitbewerbern oder z. B. vom VKI (Verein für Konsumenteninformation) oder der Arbeiterkammer etc. (also von klagslegitimierten Verbänden und Organisationen) belangt werden kann. Primär sind die Begehren darauf gerichtet, dass der Unternehmer die unlauteren Geschäftspraktiken unterlässt, wobei auch Beseitigungs- und allenfalls Schadenersatzansprüche denkbar sind.

Es zeigt sich, dass der Kreativität grundsätzlich freien Lauf gelassen werden kann, jedoch darf der „Durchschnittsverbraucher“ nicht mit Angaben bzw. Grafiken getäuscht werden. Das Qualitätsmerkmal „Made in Austria“ darf also grundsätzlich nur auf Produkten angepriesen werden, die tatsächlich in Österreich hergestellt wurden. Sofern nicht 100 Prozent Österreich enthalten sind, sollte deutlich und unübersehbar darauf hingewiesen werden.

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