Social Media: rechtsfreier Raum?
Es macht ja jeder so …
Social Media ist für viele Unternehmen mittlerweile ein fester Bestandteil ihres Alltags: Auf den Websites diverser Firmen, Tageszeitungen, des öffentlichen Rundfunks etc. sind häufig Social Buttons integriert, um rasch auf deren jeweilige Social-Media-Seiten zu gelangen. Handelt es sich beim Internet um einen rechtsfreien Raum, schließlich fühlen sich Nutzerinnen und Nutzer grundsätzlich sicher – „es macht ja jeder so“ –, oder kann es durch Veröffentlichungen auf Social Media auch zu Rechtsverletzungen kommen?
Kurz gesagt: Ja – auch im Internet bzw. auf Social Media sind ganz regulär sämtliche „in der realen Welt“ heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden. Die Auftritte in sozialen Medien sind, einfach gesagt, mit solchen auf Websites gleichzusetzen. Je nach Unternehmensart und Zielrichtung des Auftritts sind die Bestimmungen des Zivil- und Unternehmensrechts, des Medien-, Urheber- und Wettbewerbsrechts (UrhG) bis hin zu E-Commerce-Recht, Konsumentenschutz- und Strafrecht zu beachten. Folgender Beitrag umreißt grob die heranzuziehenden Bestimmungen. Der Artikel kann aufgrund der Vielzahl der Bestimmungen nicht alle Rechtsbereiche anführen. Er dient dazu, die Sinne zu schärfen, damit nicht „frei drauflosgepostet“ wird. Wichtig ist die kritische Prüfung des eigenen Auftritts im Social-Media-Bereich.
Das Recht am eigenen Bild: Urheberschaft?
Wie bereits aus älteren Beiträgen im Werbemonitor ersichtlich ist, birgt die Nutzung von Fotos und Videos eine der größten Gefahrenquellen. Es ist natürlich äußerst einfach, ein optisch ansprechendes Bild zu posten, aber einerseits muss immer im Sinne der urheberrechtlichen Bestimmungen hinterfragt werden: Darf ich das Bild/Video nutzen, liegt eine Werknutzungsbewilligung vor? Neben den generellen – in der Werbebranche schon üblichen – Prüfmechanismen für die Urheberschaft ist es von Relevanz, ob durch das Bild/Video allenfalls eine Verletzung der Interessen der abgebildeten Person vorliegen kann.
Hinsichtlich des Bildnisschutzes bzw. des Rechts am „eigenen“ Bild ist in § 78 UrhG genau geregelt, dass Bildnisse von Personen nicht veröffentlicht werden dürfen, wenn dadurch berechtigte Interessen der abgebildeten Person verletzt werden. Das bedeutet also im Umkehrschluss, dass die abgebildete Person nicht immer gleichzusetzen ist mit dem Urheber, aber trotz Erwerb einer Werknutzungsbewilligung eine urheberrechtliche Verletzung vorliegen kann, wenn die abgebildete Person eben in einer interessenbeeinträchtigten Darstellung veröffentlicht wird. § 78 UrhG schützt die abgebildete Person vor Missdeutungen in Form von entwürdigender oder herabsetzender Wirkung. Für den Fall, dass berechtigte Interessen der bzw. des Abgebildeten verletzt werden könnten, ist eine Veröffentlichung nur mit der Einwilligung der abgebildeten Person zulässig.
Wird für fremde Inhalte gehaftet?
Bekanntlich ist es im Social-Media-Bereich sehr einfach, einen Beitrag zu kommentieren oder zu teilen. Gerade die „Kommentarfunktion“ birgt Gefahren. Oftmals stellt sich die Frage, ob die Betreiberin bzw. der Betreiber einer Seite (des Profils) für rechtswidrige Inhalte bzw. Kommentare von anderen Nutzerinnen und Nutzern haftbar bzw. verantwortlich gemacht werden kann.
Achten Sie auf Klauseln im Agenturvertrag!
Für solche Fälle hat der Gesetzgeber insofern vorgesorgt, als dass ein „Host-Provider“ faktisch nicht für fremde Inhalte haftbar gemacht werden kann. Allerdings hat er ab Kenntnis von allfälligem rechtswidrigem Inhalt eine Überwachungspflicht und muss unverzüglich tätig werden, um den rechtswidrig – von einem Dritten – veröffentlichten Inhalt von seiner Seite zu löschen bzw. die Person auch zu sperren.
In der Werbebranche ist wesentlich: Wenn z. B. die Werbeagentur für ihre Kundinnen und Kunden als Betreuerin der Social-Media-Seite einschreitet, sollte man als Agentur allfällige überreichte Inhalte der Kundin oder des Kunden prüfen bzw. vertraglich exakt definieren, dass für die allenfalls zur Verfügung gestellten Inhalte keine Haftung übernommen wird. Die exakte Formulierung derartiger Vertragsklauseln kann mithilfe rechtlicher Unterstützung erarbeitet werden. Informationspflichten – Impressum, DSGVO und Co.
Wie zu Beginn bereits ausgeführt, werden die Social-Media-Seiten der jeweiligen Unternehmen faktisch als Websites betrachtet. Sowohl aus dem Unternehmensgesetzbuch (UGB), der Gewerbeordnung (GewO) als auch dem E-Commerce-Gesetz gründen daher diverse Verpflichtungen über zu veröffentlichende Pflichtangaben. Faktisch hat die Seitenbetreiberin oder der Seitenbetreiber die Nutzerin und den Nutzer der Seite über den Namen bzw. die Firma der Betreiberin und des Betreibers, die Rechtsform, die Berufsbezeichnung, allenfalls die Firmenbuchnummer, die Anschrift, die Mailadresse etc. zu informieren. Je nach Unternehmen ist individuell zu prüfen, welche Veröffentlichungspflichten vorliegen.
Wesentlich ist, dass die IP-Adresse einer Besucherin bzw. eines Besuchers der Seite ein personenbezogenes Datum dar-stellt und die Informationspflichten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einzuhalten sind. Dies ist am einfachsten, indem eine allumfassende Datenschutzerklärung errichtet wird und diese auf der Seite jederzeit einsehbar ist. Natürlich gibt es noch eine Vielzahl an Bestimmungen, die man als Social-Media-Seitenbetreiberin oder -Seitenbetreiber berücksichtigen muss, da es sich eben nicht um einen rechtsfreien Raum handelt. Für eine individuelle Beratung wird an dieser Stelle nahegelegt, sich mit der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation oder auf Werberecht spezialisierte Juristinnen und Juristen in Verbindung zu setzen, denn jede Social-Media-Seite ist, wie jede Website, individuell.